Grundsteuer vor dem Bundesverfassungsgericht: Kippt eine wichtige kommunale Einnahmequelle?

Karlsruhe/Kreis Warendorf. Bernhard Daldrup, heimscher SPD-Bundestagsabgeordneter, nahm an der mündlichen Anhörung vor dem Bundesverfassungsgericht zur Grundsteuer teil.

In der mündlichen Verhandlung beschäftigte sich das höchste deutsche Gericht am Dienstag mit der Frage, ob die Grundsteuer noch verfassungsgemäß ist. Mit einem Aufkommen von fast 14 Milliarden Euro pro Jahr ist die Grundsteuer eine der wichtigsten Einnahmequellen für die Städte und Gemeinden.

Bernhard Daldrup war für seine Fraktion bei der Verhandlung in Karlsruhe dabei. Seine Einschätzung: „Das Bundesverfassungsgericht wird die Grundsteuer aller Voraussicht nach für verfassungswidrig erklären. Das ist zu erwarten, weil der Gesetzgeber seit Jahrzehnten die Grundlagen der Steuer nicht angepasst hat.“

Die Berechnung der Steuer beruht auf gesetzlich festgesetzten „Einheitswerten“. Doch diese Werte wurden zuletzt in den Jahren 1935 für Ostdeutschland bzw. 1964 für Westdeutschland festgelegt. Kommt es auf Grund dieser völlig veralteten Einheitswerte zu „Wertverzerrungen“, also zu Ungerechtigkeiten? Wird gleiches auch gleich behandelt, konkret: Wird bei der Ermittlung der Werte der Gleichheitsgrundsatz im Artikel 3 des Grundgesetzes verletzt? Dies ist offenkundig der Fall mit der Folge: Die einen bezahlen heute zu viel, die anderen zu wenig. Doch ging es nicht nur um diese Fragen, sondern das Gericht wollte auch wissen, wie aus dem vermutlich rechtswidrigen Zustand herauszukommen sei. Denn auch das Gericht hinterließ den Eindruck, dass die Kommunen auf die Einnahmen nicht verzichten können.

Nach jahrzehntelanger Diskussion liegt seit rund einem Jahr ein Reformvorschlag des Bundesrates auf dem Tisch, dem gute Chancen auf Umsetzung zugeschrieben werden. Vorgesehen ist darin eine vollständige Neubewertung aller Grundstücke in Deutschland anhand objektiver Kriterien. Daldrup: „Es geht hier nicht um Steuererhöhungen, sondern im Kern um den Erhalt dieser wichtigen Einnahmequelle der Kommunen. Allerdings machen Interessenvertreter dagegen mit Horrorzahlen über Steuererhöhungen Stimmung, die die Steuer am liebsten kippen würden. Das meiste davon ist Unsinn.“

„In den Schlussplädoyers habe ich auch die Gelegenheit genutzt und mich zu Wort gemeldet. Für die Kommunen gehört die Grundsteuer zu den Einnahmen, die die kommunale Selbstverwaltung ausmachen. Darauf habe ich ebenso hingewiesen wie auch auf die Konsequenzen für das gesamte öffentliche Finanzierungssystem, sollten die Einnahmen der Kommunen wegfallen“, so Bernhard Daldrup.

„Bereits im Koalitionsvertrag von 2013 hatten wir eine Reform verabredet. Leider ist die Umsetzung  an der CSU gescheitert. Vermutlich wird das Bundesverfassungsgericht Vorgaben machen, die den eigenen Handlungsspielraum naturgemäß einschränken“, so der Abgeordnete.

„Umso wichtiger ist es, dass wir die Reform jetzt endlich angehen. Für mich war das eine spannende Erfahrung“, schildert Daldrup, der sich nicht vorgestellt hatte, einmal vor dem Bundesverfassungsgericht zu sprechen. „Das ist kein normaler Auftritt wie bei einer Mitgliederversammlung, da ist man schon voller Respekt“, gibt er auch von seiner Stimmungslage einen kleinen Eindruck.