Kreis Warendorf/Berlin. Bundesumweltministerium. Abgeordnete des Deutschen Bundestages haben die Möglichkeit, jedes Jahr drei Besuchergruppen mit jeweils 50 politisch interessierten Bürgerinnen und Bürgern aus ihrem Wahlkreis nach Berlin einzuladen. Organisiert werden die Informationsfahrten durch das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (BPA). Redakteur Dierk Hartleb nahm teil und berichtet:
Wannsee-Villa und Reichstagsgebäude – das waren nur zwei Stationen einer dreitätigen Berlin-Bürgerfahrt, zu der der hiesige SPD-Bundestagsabgeordnete Bernhard Daldrup in den Sommerferien eingeladen hatte.
Für Hin- und Rückreise benutzte die knapp 40-köpfige Reisegruppe umweltbewusst den ICE. Vom Berliner Hauptbahnhof, der mit 300 000 Fahrgästen und Besuchern täglich das vierthöchste Passagieraufkommen in Deutschland zählt, ging es nach einem gastronomischen Willkommensgruß ins Bundesumweltministerium, wo Hausherrin, Bundesumweltministerin Svenja Schulze, die Gruppe virtuell begrüßte. Ihr Ministerium, das derzeit im Vorfeld der Beratungen für ein Klimaschutzgesetz im Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit steht, gehört zu den sechs Ministerien, die ihren Hauptsitz noch in Bonn haben, aber mit ihrer Spitze in der Hauptstadt vertreten sind. Der Hausprospekt trägt übrigens im Impressum den Hinweis auf eine Druckerei in Ostbevern.
Mit einem Besuch in der Parteizentrale der Sozialdemokraten begann der zweite Besuchstag, wo sich die Gruppe zunächst mit der Statue des ersten sozialdemokratischen Bundeskanzlers Willy Brandt beschäftigte, die von dem Berlin Künstler Rainer Fetting geschaffen wurde. Fetting gehörte in den 1980er Jahren zu der Gruppe der „Neuen Wilden“. Im anschließenden Gespräch mit einem Vertreter der Direktkommunikation im Willy-Brandt-Haus diskutierten die Reiseteilnehmer aus Münster – Bernhard Daldrup betreut den dortigen Wahlkreis derzeit mit – angeregt und teilweise kontrovers über die derzeitige Situation der SPD vor dem Ende der Bewerbungsfrist für den Parteivorsitz.
Nach der Tagespolitik stand mit dem Besuch der Gedenkstätte „Haus der Wannsee-Konferenz“ Zeitgeschichte auf dem Programm der vom Bundespresseamt bestens betreuten Informationsfahrt.
In der ehemaligen Fabrikantenvilla aus dem Jahr 1915, die die verbrecherische SS von 1941 bis 1945 als Gäste- und Tagungshaus nutzte, besprachen am 20. Januar 1942 fünfzehn hochrangige Vertreter der SS, der NSDAP und verschiedener Reichsministerien die Zusammenarbeit bei der geplanten Deportation und Ermordung der europäischen Juden. Darunter befanden sich Reinhard Heydrich, Adolf Eichmann, Protokollführer und Hauptorganisator der Deportationen, sowie Dr. Roland Freisler, der als Chefankläger beim Volksgerichtshof bei der Verurteilung der Widerstandskämpfer vom 20. Juli eine unrühmliche Rolle spielte. Ein informativer, geführter Rundgang durch die in Umbau befindliche Dauerausstellung rundete den Besuch ab, der einen bleibenden Eindruck hinterließ. Den Tag beschloss die Gruppe in der brandenburgischen Landeshauptstadt Potsdam nach einem Rundgang durch das holländische Viertel mit einem Essen auf dem Schiff. Zurück ging es abends über die Glienicker Brücke, die durch die hier stattgefundenen Agentenaustauche, weltweite Bekanntheit erlangte. Quer über die Brücke verlief die ehemalige Grenze zwischen der Bundesrepublik und der DDR.
Nach einer Stadtrundfahrt mit dem Schwerpunkt Politik und Geschichte wartete anderntags im Paul-Löbe-Haus Gastgeber Bernhard Daldrup auf die Gruppe. Er führte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer durch das Gebäude, das zusammen mit dem Elisabeth-Lüders-Haus und dem Gebäude des Reichstags das sogenannte Band des Bundes bildet, und zeigte ihnen schwerpunktmäßig die Kunst. Ein abschließender Aufstieg zur Reichstagskuppel bildete Höhepunkt und Abschluss.
Im Gespräch mit der Besuchergruppe aus Münster und dem Kreis Warendorf zeigte sich Daldrup zufrieden mit der Arbeit der SPD-Ministerinnen und Minister in der Großen Koalition, aber unzufrieden über die Außendarstellung der erfolgreichen Politik. Sein Rat an die eigene Adresse: „Die eigenen Erfolge nicht kleinreden.“
Auch eine andere Lektion nahmen die Reiseteilnehmer mit nach Hause: Niemals den Radfahrern in Berlin in die Quere kommen, wenn sie sich auf den rot markierten Fahrradwegen bewegen. Sie können noch giftiger reagieren als ihre Kolleginnen und Kollegen in Münster.
Autor: Dierk Hartleb